HINTER DEN KULISSEN VON PUMUCKL
Von Korbinian Dufter
Wie alles begann
"Pumuckl ist für mich eine ganz wichtige und wertvolle Kindheitserinnerung, die ich mir selbst bewahren wollte. Sie ist eng mit meinen Großeltern verknüpft. Abends vor dem Einschlafen gab es ein Betthupferl – und eine Folge Pumuckl. An guten Tagen auch mal zwei. Ich glaube, mit Pumuckl verbindet jeder ein ganz besonderes Gefühl. Und dieses Gefühl, das wollte ich wiederherstellen." – Korbinian Dufter
Verantwortlich als Produzent und Headautor für die "Neuen Geschichten vom Pumuckl" ist Korbinian Dufter von der Münchner Filmproduktionsfirma NEUESUPER ("Hindafing", "Luden", "Paradise"), die Korbinian Dufter zusammen mit Simon Amberger und Rafael Parente 2010 gegründet hat. Zusammen mit Beta Film München bewarben sie sich 2019 für die Rechte einer Pumuckl-Neuauflage bei Geschäftsführerin Cornelia Liebig von der Pumuckl Media GmbH. "Als wir den Zuschlag bekommen haben, habe ich mich total gefreut. Was für eine Ehre, das Vertrauen der Pumuckl-Erben zu bekommen und Pumuckl wieder zum Leben erwecken zu dürfen. In den letzten vier Jahren hatte ich aber auch viele schlaflose Nächte. Was, wenn das Vorhaben scheitert? Was, wenn wir Pumuckl nicht gerecht werden und die Fans enttäuschen? Der Druck war immens, bei allen Beteiligten. Scheitern war keine Option. Motiviert hat uns immer wieder der kleine Kobold. Für ihn ist jeder über sich hinausgewachsen."
Die Autor:innen: Wie modern dürfen wir werden?
Zusammen mit seinem Co-Headautoren Matthias Pacht ("Räuber Hotzenplotz") und den Autor:innen Katharina Köster und Moritz Binder entwickelte Dufter ab 2020 die neuen Geschichten im Writers' Room. "Wir haben uns ganz behutsam genähert. Alle alten Pumuckl-Folgen analysiert. Was ist Pumuckl im Kern? Wie funktionieren die Geschichten? Was davon müssen wir beibehalten, was dürfen wir verändern? Wie modern dürfen wir werden?" Trotz Corona-Lockdown arbeiteten sie weiter. "Wir haben uns fast täglich über Zoom getroffen, am Konzept und den Geschichten gefeilt. Das hat sehr gut funktioniert."
Der Regisseur und ein großes Weihnachtsgeschenk
Die Geschichten, die im Writers' Room entstanden sind, haben schließlich auch Regisseur Marcus H. Rosenmüller ("Wer früher stirbt, ist länger tot"), genannt Rosi, überzeugt. "Rosi war meine allererste Idee. Wenn jemand Pumuckl mit Herz und Humor inszenieren kann, dann er. Anfangs war Rosi genauso skeptisch wie ich. Kann und sollte man Pumuckl wirklich neu aufsetzen? Die alten Geschichten waren perfekt. Warum also neu machen? Aber Rosi mochte unsere Geschichten, die wir geschrieben hatten. Doch sein Projektkalender war wie immer voll und durch Corona hatte sich einiges verschoben. Um ihn zu überzeugen, hatte ich ein Pumuckl-Bettchen nachgebaut, in einen Karton gesteckt und ihm geschickt. In dem Karton mit dem Pumuckl-Bettchen lag ein Zettel: 'Wenn wir zusammen Pumuckl machen, darfst du das Betterl behalten.' An Weihnachten um sieben Uhr abends hat er mir eine SMS geschrieben: 'Ich bin dabei.' Das war mein größtes Weihnachtsgeschenk."
So wurde die Stimme von Pumuckl mit Künstlicher Intelligenz wieder zum Leben erweckt
Schon im Grundkonzept hatte Korbinian Dufter die Idee, Pumuckl wieder mit seiner alten Stimme sprechen zu lassen. Denn schließlich ist Pumuckl in all den Jahren Pumuckl geblieben. "Ein Kobold altert ja nicht. Uns war klar, dass Pumuckl wieder so aussehen musste wie zuvor. Und dass er wieder sprechen musste, wie wir ihn kennen – mit der unvergleichlichen Stimme von Hans Clarin. Nur leider ist Hans Clarin bereits verstorben.
Schon ganz am Anfang saß ich mit meinem Bruder Philipp Dufter zusammen, der sich beruflich mit Künstlicher Intelligenz beschäftigt. Könnte man nicht moderne Technik verwenden, um Pumuckls Stimme wieder zum Leben zu erwecken? Diese Idee hat auch meinen Bruder nicht mehr losgelassen. Er hat viel recherchiert. Wir sprachen mit einigen Firmen und Start-ups, die in dem Bereich tätig waren. Überzeugt hat uns letzten Endes aber die Firma Respeecher aus der Ukraine. Deren Team hat eine bahnbrechende Technologie entwickelt. Wir machten erste Tests. Und das Ergebnis war vielversprechend. Gemeinsam mit den Ukrainern besprachen wir, was verbessert werden müsste, damit wir die Technik nutzen können. Oft trafen wir uns über Zoom und ahmten auf englisch Clarins Stimme nach und versuchten zu erklären, was er mit seiner Stimme anstellt, wenn Pumuckl singt oder reimt. Sehr erheiternd – für alle Beteiligten."
Kurz vor Start der Dreharbeiten greift Russland die Ukraine an. "Unsere alltäglichen Probleme am Set kamen uns plötzlich sehr klein vor. Wir machten uns große Sorgen, was in der Ukraine passiert." Doch Respeecher nahm die Arbeit wieder auf und arbeitete weiter daran, ihre Technologie zu verbessern.
Korbinian Dufter nahm Kontakt mit der Witwe von Hans Clarin und dessen Kindern auf. Die Kinder vertreten als Erbengemeinschaft das Werk ihres verstorbenen Vaters. "Natürlich waren sie am Anfang skeptisch. Das wäre ich auch gewesen. Da kommt jemand, den sie nicht kennen, und der möchte nicht nur Pumuckl neu aufleben lassen, sondern mit KI die Stimme ihres Vaters wieder zum Leben erwecken. In vielen Gesprächen haben wir ihnen unser Vorhaben erklärt. Als das Vertrauen in uns da war und wir ihnen dann auch erste Tests gezeigt haben, haben sie zugestimmt. Hans Clarin war wohl selber sehr technikbegeistert und Neuem immer sehr offen gegenüber. Die Idee, dass er wieder Pumuckl sprechen könnte, hätte ihm sehr gefallen, sagten mir seine Kinder."
Alex Serdiuk, CEO und Mitbegründer, Respeecher: "Die Stimme von Hans Clarins Pumuckl mit KI wieder zu erschaffen war für Respeecher eine große Verantwortung und Ehre zugleich. Das Projekt hat uns zwei Jahre lang begleitet. Wir sind sehr stolz, dass Pumuckl mit Hilfe unserer Technologie und Erfahrung im Sound-Bereich wieder mit der Stimme von Hans Clarin spricht. Ich glaube, dass das den Fans viel bedeuten wird, vor allem denjenigen, die mit Pumuckl aufgewachsen sind. Das Einverständnis der Familie von Hans Clarin war für unsere Arbeit essentiell. Die Besonderheit der Pumuckl-Stimme, die Emotionailtät und die charakteristischen Pumuckl-Geräusche waren dabei eine besondere Herausforderung. Aber das Spiel von Maxi Schafroth, der Pumuckl in der neuen Serie spricht, war herausragend."
"Florian Brückner und Maximilian Schafroth sind ein großer Glücksfall. Als hätte Pumuckl selbst die beiden zusammengebracht." – Korbinian Dufter
Zusammen mit Regisseur Marcus H. Rosenmüller wurde nach einem neuen Meister Eder gesucht. "Wir haben sehr viel gecastet. Nicht im Studio, sondern in einer kleinen Schreinerwerkstatt. Uns war wichtig, dass sich der neue Eder authentisch in eine Werkstatt einfügt. Als dann Florian Brückner zum Casting kam und die Probe-Szene spielte, war uns irgendwie sofort klar: Das ist er, der neue Eder. Florian Brückner spielt so herzerwärmend, unaufgeregt, so fein nuanciert. Wenn er spielt, haben alle am Set das Gefühl: Er sieht den Kobold wirklich! Man kann es kaum in Worte fassen. Es hat einfach total gepasst."
Doch Florian Brückner war nicht allein im Studio. Die Casterin Franziska Aigner hatte als Anspielpartner für die Eder-Kandidaten den Schauspieler und Kabarettisten Maxi Schafroth eingeladen. "Unsere Casterin Franziska Aigner hatte, glaube ich, schon vorher im Gefühl, Maxi Schafroth könnte ein guter Pumuckl sein. Und als Maxi ihn dann gespielt hat, waren wir sprachlos. Er spielte nicht nur wie Pumuckl, er klang auch wie Pumuckl. Er ist ein Stimmakrobat. Ein Wortzauberer. Ein Energiebündel. Ein Schabernackeur. Er ist einfach Pumuckl."
Maxi Schafroth leiht Pumuckl nicht nur seine Stimme. Selbige ist auch die Vorlage für die Animatoren, die Pumuckl am Computer zum Leben erwecken. "Jede Nuance in Maxis Stimme gibt den Animatoren von Pumuckl vor, wie sie ihn animieren. Jede kleine Veränderung in seiner Stimme verändert auch die Animation. Maxi spricht nicht nur Pumuckl, er spielt ihn – im wahrsten Sinne des Wortes. Maxi ist Pumuckl." Und das gilt auch, wenn seine Stimme in der KI-Version durch die Stimme von Hans Clarin ersetzt wird.
"Dazu kommt, dass Maxi mit seiner Stimme so nah an der von Hans Clarin dran ist, dass wir auch in der KI-Version in schwierigen Passagen zwischendurch auf die Stimme von Maxi Schafroth zurückschneiden können. Die Stimmen der beiden sind sich teilweise so ähnlich, dass es dem Zuschauer kaum auffällt. Dass sich die Fans auf RTL+ sowohl Pumuckl mit der Stimme von Maxi Schafroth als auch mit der Stimme von Hans Clarin anschauen können, finde ich auch im Sinne der Transparenz eine super Sache. Wir legen die Quelle der KI sozusagen offen."
Ein Kobold altert nicht – aber der Pumuckl wirft jetzt Schatten
Animiert wurde Pumuckl vom Ludwigsburger Animationsstudio Studio Soi. "Wir haben uns sehr früh auf die Suche nach dem passenden Animationsstudio gemacht. Schließlich geht es um keinen geringeren als unseren Hauptdarsteller – eben um Pumuckl. Mein Onkel war Schreiner. Und in seiner Werkstatt hatte ich noch erste Testszenen gedreht, bevor klar war, ob wir Pumuckl finanziert bekommen. Pumuckl sollte eine Schraubzwinge runterwerfen oder auf der Lampe schaukeln. Diese Testszenen gaben wir verschiedenen Studios, die den Pumuckl hineinanimiert haben. Der Pumuckl von Studio Soi hatte sofort unsere Herzen erobert. Animationsregisseur Michael Siebert und sein Team haben so viel Liebe in den Kobold gesteckt, dass einem einfach das Herz aufgehen muss." Über ein Jahr haben die Animationsarbeiten an der Pumuckl-Figur gedauert. Behutsam wurde Pumuckl modernisiert. "Pumuckl ist Pumuckl. Er altert nicht und ändert sich nicht. Deswegen haben wir uns auch für eine 2D-Figur entschieden. Nur dass Pumuckl beispielsweise Schatten wirft, ist neu. Diese behutsame Modernisierung haben wir uns getraut", erzählt Korbinian Dufter.
RTL+ und RTL teilen die Vision
RTL+ und RTL glauben an das Pumuckl-Team und ihre Vision. "Das Team um Frauke Neeb (Programmdirektorin RTL+), Hauke Bartel (Bereichsleiter Fiction, RTL+) und Manuel Schlegel (Redaktion Fiction, RTL+) sowie die Programmgeschäftsführung von RTL+ und RTL, die mittlerweile von Inga Leschek geführt wird, hat uns immer wieder in unserer Vision bestärkt. Sie haben uns große Freiheiten eingeräumt, uns vertraut und vor allem aber den Pumuckl genau so verstanden, wie wir ihn alle gesehen haben: bayerisch, zeitlos und vor allem: für große und kleine Kinder. Inhaltlich zogen wir an einem Strang: Wir wollten nicht durch moderne Gadgets wie Computer oder Spielekonsolen modernisieren. Sondern über die Themen, die wir den Kindern von heute zumuten. So klammern wir beispielsweise den Tod vom alten Meister Eder nicht aus, sondern erzählen vom Sterben und Trauern kindgerecht aus Pumuckls Sicht."
Das Set steht – endlich wird gedreht
Das Team stand – nun sollte gedreht werden. Natürlich in Eders Werkstatt. Das Szenenbild-Team rund um Szenenbildnerin Doerthe Komnick und Art Director Carl Obereisenbuchner haben keinen Aufwand gescheut, um die Werkstatt samt Innenhof in einer alten Industriehalle detailgetreu wieder aufzubauen. "Das Szenenbild-Team hat alte Baupläne beim Denkmalschutz eingesehen, Wände extra schief gebaut, sogar den meterdicken Betonboden der Studio-Halle aufgefräst und Eders Kellerabgang gegraben, alles nur, um Eders Innenhof und Werkstatt 1:1 nachzubauen. Als meine Producerin Maia Bäckmann und ich das erste Mal im fertigen Set standen, hatten wir Tränen in den Augen. Wir waren alle gerührt. Beim Dreh selbst hatten wir oft vergessen, dass wir in einem Studiobau sind. Die Illusion war perfekt."
Viele "Neins" geduldig in ein "Ja" verwandelt
Die Arbeit an Pumuckl war für alle Beteiligten besonders: "Alle kennen Pumuckl. Aber wenn sie gehört haben, dass wir neue Geschichten mit ihm erzählen wollen, stellten sich viele Leute schützend vor ihn. Und das kann ich gut verstehen. Mir ging es am Anfang auch so. Auch meine erste Reaktion war: Pumuckl? Der darf nicht neu verfilmt werden. Bis wir eben eine Vision hatten, wo wir glaubten: So – und nur so – könnte es funktionieren. Während meiner Arbeit am Pumuckl begegneten mir immer wieder viele "Neins". Diese Neins musste ich geduldig und liebevoll in ein "Ja" umwandeln. Unser Vorgehen war aber immer voller Demut vor den großen Fußstapfen, in die wir getreten sind. Gustl Bayrhammer, Hans Clarin, Ulrich König, Manfred Korytowski, sie alle haben aus den Geschichten von Ellis Kaut und der Figur von Barbara von Johnson ein Meisterwerk geschaffen. Und ich glaube, diese Demut, das haben die Leute gespürt. Wir haben uns alle in den Dienst dieser großen Ehre gestellt, den Kobold mit dem roten Haar wieder zum Leben erwecken zu dürfen."
Erste Preise noch vor Ausstrahlung
Die Zusammenarbeit mit RTL läuft sehr gut. Korbinian Dufter und sein Produktionsteam ist es ein Anliegen, für Cast und Crew ein positives Drehumfeld zu schaffen. 2023 werden die "Neuen Geschichten vom Pumuckl" noch vor Fertigstellung mit dem FairFilmAward ausgezeichnet, der besonders faire Arbeitsbedingungen bei Film & Fernsehen prämiert. Beim Münchner Kinderfilmfestival im Rahmen des Filmfests München werden die "Neuen Geschichten vom Pumuckl" mit dem Publikumspreis ausgezeichnet.
Pumuckl verlangt dem Team einiges ab. Die lange Konzeptions- und Schreibphase, der große Setbau, über 3,5 Monate Dreharbeiten, fast zwei Jahre Postproduktion. Pumuckl wird animiert, die Folgen geschnitten und vertont. Komponist Michael Regner schreibt die Filmmusik. Korbinian Dufter erinnert sich: "Der innere Kompass von uns allen war immer unsere eigene Kindheitserinnerung. Während der letzten Jahre habe ich oft innegehalten und mich gefragt: Was würde mein sechsjähriges Ich jetzt fühlen? Würde er sich das gerne anschauen? Und wenn die Antwort 'Nein' war, wusste ich, etwas stimmt nicht. Am Set wurden wir alle wieder zu Kindern – im besten Sinne."
Der neue Pumuckl erblickt das Licht der Welt
Die 13 "Neuen Geschichten vom Pumuckl" sind fertig und erblicken das Licht der Welt. "Wir hoffen, wir können den Fans ihren Pumuckl zurückgeben. Wenn die Kinder von heute und die Kinder von früher wieder auf dem Sofa sitzen, Pumuckl schauen und sich wieder das Pumuckl-Gefühl einstellt, haben wir alles richtig gemacht. Als ich als Kind bei meinen Großeltern auf dem Sofa saß und Pumuckl geschaut habe, hätte ich mir nie träumen lassen, einmal selbst Pumuckl schreiben und produzieren zu dürfen. Für dieses Geschenk bin ich nicht nur den Pumuckl-Müttern und -Vätern zutiefst dankbar, sondern auch dem gesamten wunderbaren Team um Regisseur Marcus H. Rosenmüller, Florian Brückner und Maxi Schafroth – allen Beteiligten vor und hinter der Kamera."