Unmittelbar vor einer großen Livesendung des Senders RTL über sogenannte falsche Polizisten aus Deutschland (Montag, 20:15 Uhr, live) ist der türkischen Polizei am Donnerstag nach Informationen von RTL ein spektakulärer Zugriff gelungen. Ausgelöst durch Hinweise des für RTL recherchierenden bekannten deutschen Ermittlers Tamer Bakiner gemeinsam mit dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg, führten Einsatzkräfte demnach eine umfangreiche Razzia in Izmir durch. Dabei sollen rund 45 Personen verhaftet worden sein.
Der jetzt erfolgte Zugriff steht in unmittelbarem Zusammenhang mit Recherchen von Tamer Bakiner für das RTL-Spezial „Vorsicht – Falsche Polizisten!“ am kommenden Montag. Bakiner war es im Oktober gelungen, sich in ein Callcenter in Izmir einzuschleusen. Bei seinem Undercover-Einsatz hatte er dokumentieren können, mit welch perfiden Methoden die Betrügerbanden aus Deutschland dort vorgehen und sich dabei als falsche Polizisten ausgeben. Nachdem Bakiner das Vertrauen der Hintermänner gewinnen konnte, wurde er in einem Appartement Zeuge, wie sie ihre Opfer am Telefon unter der gefakten Polizei-Notrufnummer 110 unter Druck setzten und manipulierten. Mit versteckter Kamera konnte er dabei dokumentieren, wie die Männer eine Frau in Baden-Württemberg davon überzeugten konnten, wegen einer angeblichen Gefahrenlage einen Geldbetrag im mittleren fünfstelligen Bereich an Kollegen zu übergeben. Sofort informierte Tamer Bakiner das zuständige LKA in Stuttgart. Als es dann zwei Tage später vor dem Haus der Frau zur Geldübergabe kommen soll, griffen Polizeikräfte zu und verhafteten den sogenannten Abholer. Zugleich schaltete das LKA auch die türkische Polizei ein und versorgte die zuständige Behörde mit allen Informationen und Bildmaterial von Tamer Bakiner. Daraufhin beschloss die Polizei in Izmir, die Betrüger zunächst zu observieren und weiterführende Ermittlungen aufzunehmen. Am Donnerstagabend erfolgte nun der Zugriff. Dabei konnten offenbar auch alle Betrüger, die Tamer Bakiner bei seinem Undercovereinsatz erlebt und dokumentiert hatte, verhaftet werden. Eine offizielle Bestätigung der Festnahmen seitens der türkischen Behörden steht zwar noch aus, da noch nicht alle Personen dem Haftrichter vorgeführt werden konnten. Ein Sprecher des LKA Baden-Württemberg bestätigte jedoch auf Anfrage: „Wir gehen davon aus, dass das stimmt. Wir haben aber noch keine offizielle Bestätigung aus der Türkei.“
Immer mehr Menschen in Deutschland gehen dieser perfiden Spielart organisierter Kriminalität auf den Leim: Im Jahr 2018 wurden bundesweit rund 41.000 Fälle registriert, die Schadenssumme lag bei rund 50 Millionen Euro. RTL will am Montagabend mit Unterstützung des LKA Baden-Württemberg und der Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes in der Livesendung aufzeigen, mit welchen Maschen die Betrüger arbeiten und wie man sich dagegen schützen kann. Zuschauer, die bereits Opfer von falschen Polizisten geworden sind oder verdächtige Anrufe erhalten haben, können sich live unter der kostenfreien Hotline-Nummer 0800-2008008 melden. Für schriftliche Eingaben ist unter der Adresse falschepolizisten@rtl.de ein Email-Postfach eingerichtet. RTL.de und die Social-Media-Kanäle des Senders werden die Live-Sendung umfangreich begleiten (#falschepolizisten). Auf dem Onlineportal RTL.de läuft während der gesamten Sendung ein Liveticker mit Fakten, kurzen Videos und weiteren Fragen der Zuschauer.
Die Doku ist im Anschluss bei TVNOW zu sehen, ntv wiederholt die Sendung am Dienstag um 19.10 Uhr.
Tamer Bakiner im RTL-Interview
Herr Bakiner, in ihrem neuen Fall geht es um falsche Polizisten. Was sind das für Menschen und welche Methodik steckt dahinter?
„Das sind schwerkriminelle und vor allem absolut skrupellose Type, die Spaß daran haben, ältere Menschen zu beklauen. Die fühlen sich in der Türkei absolut sicher, weil sie nach ihrer Argumentation ja auch keine Straftat in der Türkei begehen, weil sie deutsche Bürger betrügen. In ihren Heimatländern arbeiten sie mit einer anderen Identität, das schafft ihnen Sicherheit.
Wie funktioniert deren Masche als sogenannte falsche Polizisten?
„Die Methode ist immer die gleiche: Die falschen Polizisten rufen das potenzielle Opfer unter der 110 an und tischen eine Lügengeschichte auf. Etwa, dass es ihnen gelungen sei, einen Einbrecher einer kriminellen Bande in der Nachbarschaft festzunehmen. Dieser vermeintliche Einbrecher hätte eine Liste mit Namen bei sich getragen, auf der auch der Name des Opfers aufgeführt sei. Alle Personen auf der erfundenen Liste seien vor kurzen bestohlen worden.“
Und dann?
„Nun geben die falschen Polizisten vor, das Opfer vor einem ähnlichen Raubüberfall bewahren zu wollen und fragen gezielt, ob Bargeld und andere Wertgegenstände im Haus seien, die sie zum Schutz vor der Verbrecherbande sicherstellen würden. Man solle diese Sachen vor die Türe stellen, wo das Geld oder der Schmuck von einem vermeintlichen Kollegen sichergestellt würde.“
Sie sind in der Türkei in diese kriminelle Szene eingestiegen und haben sich undercover in Callcenter eingeschleust. Wie schwer war es, das Vertrauen der Betrüger zu gewinnen?
„Ich gebe mir für derartig heikle Aufgaben immer eine lange, rund dreimonatige Vorbereitungszeit. In diesem konkreten Fall habe ich mich erst in Deutschland in einem Call-Center schulen lassen und bin dann in die Türkei gereist. Vor Ort habe ich dann gezielt falsche Informationen über mich gestreut. Meine Legende war, dass ich ein Schwerverbrecher auf der Flucht aus Deutschland sei und sehr viel Geld verdienen möchte. Nach einiger Zeit habe ich dann einen Volltreffer landen können und die falschen Polizisten sind auf mich zugekommen. Sie wollten mich unbedingt in ihrem Callcenter dabeihaben.“
Wie schwer war es für sie als gespielter Verbrecher unter Schwerstkriminellen? Wie groß war die Angst, aufzufliegen mit der versteckten Kamera?
„Man muss schon aufpassen, dass man nicht auffällt. Nach einiger Zeit in der Rolle wurde ich aber immer sicherer und füllte diese wirklich aus. Die Angst ist natürlich trotzdem immer mit dabei, die begleitet mich seit 25 Jahren, so lange arbeite ich bereits undercover. Die Erfahrung zeigt mir jedoch auch, dass vieles nur gezielte Einschüchterung ist, auch wenn man sie ernst nehmen sollte. Aber ich darf niemals zeigen, dass ich wirkliche Angst vor denen habe, dann merken die schnell, dass etwas faul ist.“
Was haben Sie dann während Ihres Einsatzes erlebt?
„Es werden gezielt Nummern von Personen mit älteren Vornamen abtelefoniert, das sind in der Woche bis zu 50 Opfer. Ich war dann dabei, wie die Männer ihre perfide Masche durchziehen. Und ich wurde Zeuge eines Telefonats, bei dem eine Frau dabei war, 45.000 Euro an diese Täter zu verlieren. Ich habe dann sofort alle Informationen dem LKA in Baden-Württemberg übergeben. Die haben sehr schnell gehandelt und konnten den Abholer des Geldes zwei Tage später auch auf frischer Tatertappen und festnehmen. Somit konnte ich nicht nur ein Opfer retten. Tatsächlich haben das LKA und ich durch die Hinweise auch ermöglicht, dass die türkische Polizei nun auch die ganze Betrügerbande sprengen und festgesetzten konnte.“
Was erhoffen Sie sich von der RTL-Livesendung über die Betrugsmaschen falscher Polizisten?
„Die Sendung zeigt, wie die Betrüger vorgehen und sie zeigt, wie man sich davor schützen kann. Mit dieser geballten Aufklärung hoffen wir natürlich, noch viel mehr Personen vor dieser Masche bewahren zu können. Wertvoll wäre es, wenn wir auch Hinweise von betroffenen Zuschauern auf weitere, frei herumlaufende Täter bekommen.“
Was passiert während der Sendung?
„Wir haben Opfer, ehemalige Täter, eine Psychologin und viele Mitarbeiter des LKA im Studio, die am Telefon Hinweise entgegennehmen und über das Thema aufklären. Wichtig ist also, dass wir Betroffene erreichen, die sich bei uns melden und anderen Zuschauern ihre Geschichte erzählen oder Hinweise auf Täter geben können. Dazu haben wir eine Telefon-Hotline (0800-2008008), ein E-Mail-Postfach (falschepolizisten@rtl.de), einen Liveticker auf RTL.de und den Social-Media-Hashtag #falschepolizisten eingerichtet.“