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Zwei Seiten des Abgrunds

Intro

In der sechsteiligen Miniserie "Zwei Seiten des Abgrunds" steuert die Wuppertaler Polizistin Luise Berg (Anne Ratte-Polle) auf eine unausweichliche Katastrophe zu, nachdem der mutmaßliche Mörder ihrer vor sieben Jahren getöteten Tochter aus dem Gefängnis entlassen wird. Es entwickelt sich zu einem psychologisch vielschichtigen Verwirrspiel, bei dem die Grenzen von Schuld und Unschuld, Tätern und Opfern, von Recht und Gerechtigkeit verwischen. Eine hochspannende Geschichte über Kontrollverlust und die damit einhergehenden unvermeidlichen Konsequenzen. "Zwei Seiten des Abgrunds" startet am 8. Mai zeitgleich auf RTL+, Warner TV Serie und HBO Max: Bei RTL+ sind ab dem 8. Mai alle sechs Folgen im Boxset abrufbar. Warner TV Serie zeigt die Serie ab 8. Mai immer montags um 20:15 Uhr in Doppelfolgen, international launcht HBO Max ebenso jeweils montags zwei neue Episoden. Free-TV-Premiere feiert die Serie am 17. und 24. Mai mit je drei Folgen um 20:15 Uhr bei VOX. 

Inhalt

Bei einem Polizeieinsatz in einem Baumarkt in Wuppertal sieht die Polizeibeamtin Luise Berg (Anne Ratte-Polle) plötzlich ihn: Dennis Opitz (Anton Dreger). Der Mann, der für den Mord an ihrer damals 17-jährigen Tochter Merle (Josephine Thiesen) verurteilt wurde, ist jetzt frühzeitig aus der Haft entlassen. Dabei hätte sie ihn fast nicht erkannt. Denn aus dem vormals stark übergewichtigen, wortkargen Außenseiter ist in der Zwischenzeit ein attraktiver und selbstbewusster junger Mann geworden. Er hat die Zeit im Gefängnis offenbar dazu genutzt, seine Vergangenheit aufzuarbeiten und gilt als resozialisiert. Aber daran gibt es bald Zweifel. Als weitere Morde geschehen, recherchiert Luise in Dennis dunkler Vergangenheit und entdeckt, dass sich der scheinbar geläuterte junge Mann auf einem Rachefeldzug befindet. Doch niemand glaubt Luise. Auch dann nicht, als sie selbst und vor allem ihre jüngste Tochter Josi (Lea van Acken) in den Fokus von Dennis‘ perfiden Plan geraten …

Cast

Anne Ratte-Polle / Luise Berg

Anton Dreger / Dennis

Lea van Acken / Josi

Senita Huskić / Nadisa

Dirk Martens / Holger Tesche

Renato Schuch / Manuel

Ann-Kathrin Kramer / Dr. Aschhausen

Claudia Eisinger / Carla

Maximilian Brauer / Erik Ludwig

Josephine Thiesen / Merle

Moritz Führmann / Heimleiter Börensen

u.v.m.

Stab

Produktion / Warner Bros. International Television Production für RTL Deutschland in Zusammenarbeit mit Warner Bros. Discovery

Idee, Drehbuch & Creative Producer / Kristin Derfler

Regie / Anno Saul

Kamera / Martin L. Ludwig

Montage / Dirk Grau

Casting / Suse Marquardt

Musik / Annette Focks

Szenenbild / Cora Pratz

Kostümbild / Minsun Kim, Sarah Raible

Maskenbild / Barbara Zschetzsche

Executive Producer Warner Bros. ITVP / Bernd von Fehrn, Verena Monssen

Producer Warner Bros. ITVP / Roxana Richters

Head of Fiction RTL D/ Hauke Bartel

Executive Producer RTL D / Nico Grein

Executive Producer Warner TV Serie / Anke Greifeneder, Hannes Heyelmann

Editorial Warner TV Serie / Anke Greifeneder, Dirk Engelhardt, Kristina Peter

Hintergrund

"Zwei Seiten des Abgrunds" ("Two Sides of the Abyss") führt erstmals die Kreativschmieden RTL Deutschland und Warner Bros. Discovery als gemeinsame Auftraggeber zusammen: RTL Deutschland sicherte sich die Streaming-Premiere für RTL+ sowie die späteren deutschen Free-TV-Rechte, Warner TV Serie zeigt die Produktion im Pay-TV und HBO Max wird sie international launchen. Warner Bros. ITVP Deutschland GmbH produzierte die vorerst auf sechs Teile angelegte Thriller-Serie, die 2022 in Köln, Belgien und vor allem in Wuppertal gedreht wurde.

Creatorin und Autorin ist Kristin Derfler ("Brüder", "Dein Leben gehört mir"), die auch als Creative Producerin fungiert, Regie führt Anno Saul ("Charité" Staffel 2, "Die Welt steht still"), Produzent:innen sind Verena Monssen und Bernd von Fehrn. Executive Producer:innen sind Nico Grein (RTL+) unter der Leitung von Hauke Bartel (Bereichsleiter Fiction RTL Deutschland) sowie für Warner TV Serie Hannes Heyelmann und Anke Greifeneder, die auch die Redaktionsleitung innehat.

Das hochkarätige Ensemble führt Anne Ratte-Polle ("Dark", "Es gilt das gesprochene Wort") an. An ihrer Seite spielen Lea van Acken ("Sløborn", "Das Tagebuch der Anne Frank") und Newcomer Anton Dreger. In weiteren Rollen sind u.a. Renato Schuch ("Dogs of Berlin"), Dirk Martens ("Kleo"), Ann-Kathrin Kramer ("Die Frau im Meer"), Senita Huskić ("Der Zürich-Krimi"), Claudia Eisinger ("Der Masuren-Krimi") sowie Maximilian Brauer ("Der Überfall") zu sehen.

"Zwei Seiten des Abgrunds" wurde gefördert vom German Motion Picture Fund (GMPF) und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM).

Episode 1: "Die Nacht findet dich"

Bei einem Einsatz trifft Polizistin Luise Berg scheinbar überraschend auf den Mörder ihrer vor Jahren getöteten Tochter Merle. Er hat seine Haftstrafe vorzeitig beendet und Luise ahnt, dass der vermeintlich geläuterte Dennis einen Racheplan verfolgt. Weder ihr Ex-Mann noch Polizeichef Tesche nehmen ihre Sorgen ernst. Als sich in Belgien ein grausamer Mord ereignet und Dennis bedrohlich nah an ihre Familie rückt, muss sich Luise ihrer schmerzhaften Vergangenheit stellen.

Episode 2: "Stadt ohne Himmel"

Bei einem SEK-Einsatz überschreitet Luise ihre Kompetenzen und stößt bei ihrer neuen Teampartnerin Nadisa auf Unverständnis. Luise vermutet Verbindungen zwischen Dennis und dem Mord in Belgien, ermittelt auf eigene Faust und findet einen USB-Stick. Bei einer Razzia in einem Technoclub trifft sie auf ihre minderjährige Tochter Josi und ahnt nicht, wie bedrohlich nah sich Dennis bereits an ihre Familie herangearbeitet hat.

Episode 3: "Tote Liebe"

Der von Luise sichergestellte USB-Stick offenbart Schockierendes: auf dem Campingplatz wurden jahrelang Kinder missbraucht. War Dennis eines der Opfer? Als ein weiterer Mord geschieht, gibt es für Luise keinen Zweifel mehr: Dennis tötet weiter. Der zeigt sich von Luises privaten Ermittlungen unbeeindruckt. Für Josi bricht unterdessen eine Welt zusammen, als sie feststellen muss, dass ihr neuer Freund Luca gar nicht der ist, der er vorgibt zu sein…

Episode 4: "Jägerin in der Dunkelheit"

Luise stellt eine Verbindung zwischen dem ermordeten Schwebebahnfahrer Marcel Stuber und Dennis her. Sie vermutet weitere sexuelle Übergriffe. Aufgrund ihrer Ermittlungsalleingänge wird sie vom Dienst suspendiert. Josi verstrickt sich unterdessen in ein Netz aus Lügen, um ihre unfreiwillige Verbindung zu Dennis zu vertuschen. Als sie ihn auf einer Party wiedertrifft, kommt es zu einer Eskalation, bei der Josi durch Dennis in tödliche Gefahr gerät…

Episode 5: "Am schwärzesten Fluss der Welt"

Luise kann es kaum glauben: Dennis wird tatsächlich verhaftet. Merles Tod scheint gesühnt und Josi wähnt sie in Sicherheit. Doch aus Mangel an Beweisen wird Dennis auf freien Fuß gesetzt, er lauert Josi auf und erpresst sie mit einem Sexvideo. Josi begreift, dass niemand verstehen wird, dass sie sich – wenn auch unwissentlich – mit dem Mörder ihrer Schwester eingelassen hat. Daraufhin begibt sie sich mit Dennis auf die Flucht nach Belgien.

Episode 6: "Hohes Venn"

Das zweite Kreuz an der Merles Gedenkstätte am Fluss entpuppt sich als weiterer Köder, den Dennis für seine finale Konfrontation mit Luise ausgelegt hat. Er verschanzt sich in einer abgelegenen Hütte im belgischen Hohen Venn und hält Josi nach einem missglückten Fluchtversuch ihrerseits nun als Geisel. Luise heftet sich an die Fersen der Beiden und erreicht die Hütte, wird aber von Dennis überwältigt. Da erscheint Nadisa auf der Bildfläche, die ihrer Kollegin Luise heimlich gefolgt ist…

Anne Ratte-Polle

In der neuen Thriller-Serie von RTL Deutschland und Warner Bros. Discovery "Zwei Seiten des Abgrunds" spielen Sie die Wuppertaler Streifenpolizistin Luise Berg. Können Sie uns die Rolle genauer beschreiben? Wer ist Luise Berg und was zeichnet sie aus?

Luise Berg hat die Stärke einer Löwin. Sie ist Streifenpolizistin und zweifache Mutter. Nach der Ermordung ihrer ersten Tochter, sieben Jahre zuvor, ist sie jedoch nur noch ein seelisches Wrack. Getrennt von Mann und zweiter Tochter lebt sie völlig isoliert und traumatisiert nur noch für ihren Beruf, um ihren Schmerz nicht mehr zu spüren. Die vorzeitige Entlassung des Mörders ihrer ersten Tochter versetzt sie in große Wut und panische Angst um ihre noch lebende Tochter. Als Polizistin setzt sie alle Hebel in Bewegung, um sie zu schützen. Dabei macht sie erschreckende Beobachtungen, die ihr jedoch niemand glaubt. Unbeirrt hält sie an ihrer Wahrheit fest und stürzt sich alleine in den Kampf.

…eine vielschichtige Frauenfigur, die in der Serie den schmerzlichen Verlust ihrer Tochter verarbeitet. Rückt eine solche Storyline auch persönliche Schicksalsschläge mehr ins Bewusstsein?

Ja, natürlich löst die Auseinandersetzung mit dem Tod auch immer die Erinnerung an eigene Verluste von geliebten Menschen aus. Der Tod ist eine unausweichliche Erfahrung für jeden Menschen und natürlich kündigt er sich nicht immer vorher an. Gerade dann kann es sehr traumatisch sein. Ich denke, dass der Tod eines Kindes für ein Elternteil eine ganz eigene Dimension von Schmerz ist, erst recht wenn er auf unnatürliche Weise wie Mord passiert. Schock und Schuldgefühle sind dann schwer zu umgehen und auszuhalten. Auch der Fakt, dass man beim Mord nicht dabei war, kann auslösen, dass man sich den Todesmoment, den man ja nicht kennt, immer wieder neu, wie in einem Loop, zwanghaft vor Augen führt und sich an die wenigen Fakten, die man tatsächlich weiß, festklammert. Außerdem ist der Tod in unserer Gesellschaft grundsätzlich ein Tabuthema. In der Trauerzeit ist man außerhalb von Zeit und Ort, ist in einer eigenen Welt und nicht komplett funktionsfähig, man könnte fast sagen ,krank‘. Man ist mit so einem Schmerz heutzutage oft allein und hilflos.

Sie haben bereits in zahlreichen Produktionen mitgewirkt. Was ist das Besondere an "Zwei Seiten des Abgrunds"?

Das Besondere an "Zwei Seiten des Abgrunds" ist die außergewöhnlich vielschichtige Story, die sowohl sehr tiefe Abgründe hat, als auch sehr viel Liebe, Humor und Poesie. Niemand unter den vielen Figuren ist nur ,gut‘ oder nur ,böse‘. Alle Charaktere sind sehr vielseitig und tief. All das findet man aber erst im Laufe der sechs Folgen heraus, nichts ist vorhersehbar. Es ist ein wirklicher Thriller, sehr feinsinnig, aber auch sehr tough, fast rough erzählt. Das hat natürlich auch mit seiner Spielstätte Wuppertal zu tun,- eine außergewöhnliche Stadt, mit vielen Geheimnissen und einem sehr speziellen, irgendwie morbiden Charme.

Anton Dreger

Sie haben einige Jahre am Theater gespielt. Wie unterscheidet sich das Spiel auf der Bühne, vom Spiel vor der Kamera? Und wie lief die Zusammenarbeit am Set?

Im Theater wie auch im Film geht es darum, eine gemeinsame Vision für eine Geschichte zu entwickeln. Das ist eine sehr große Gemeinsamkeit. Ansonsten passiert es schnell, dass jede:r für sich selber arbeitet bzw. spielt und das merkt man dem Ergebnis meistens an. Die Arbeitsweise allerdings ist sehr unterschiedlich. Im Theater braucht es eine große körperliche und stimmliche Präsenz, da man oft große Säle füllen muss. Die Kamera hingegen sieht jeden Wimpernschlag und ist daher unerbittlich. Jede überflüssige Bewegung wirkt gekünstelt. Während man im Theater meistens sechs Wochen Zeit hat, um sich auf einer Probebühne gemeinsam in eine Thematik zu vertiefen und zu proben, passiert beim Drehen der Hauptteil dieser Arbeit direkt am Set. Das hat einen großen Reiz, da es beispielsweise bei fünf Szenen auf dem Drehplan am Tag fünf Premieren gibt, bei denen man noch nicht genau weiß, was passieren wird. Das setzt als Schauspieler:in eine große Flexibilität und Offenheit voraus. Außerdem ist es bei dieser schnellen Arbeitsweise super wichtig, seinen Kolleg:innen zu vertrauen. Bei "Zwei Seiten des Abgrunds" hatte ich die Chance, meine Hauptspielpartnerinnen Anne und Lea sowie unseren Regisseur Anno in einem längeren Casting und bei Leseproben im Vorfeld bereits näher kennenzulernen. Das hat mir bei intensiven Szenen sehr geholfen. Auch unser Team habe ich nach kürzester Zeit sehr ins Herz geschlossen. Dennis ist ein sehr kühler und einsamer Charakter, daher habe ich mich auch am Set über längere Phasen vom Drumherum separiert. Das wurde von allen mit viel Verständnis aufgenommen – das Zusammensein nach Drehschluss war dadurch umso lustiger!

In "Zwei Seiten des Abgrunds" spielen Sie "Dennis", einen Mörder. Wie haben Sie sich in die Gedankenwelt Ihrer Figur eingefunden?

Das Wort "Mörder" hat verständlicherweise eine moralisch sehr schlechte Konnotation in unserer Gesellschaft. Für mich war es wichtig, Dennis‘ Gedankenwelt möglichst unvoreingenommen zu begegnen. Wenn man sofort beginnt, die Taten einer solchen Figur zu bewerten, kann man sie nicht mehr spielen. Mir ging es darum, seine persönliche Logik und seinen Blick auf die Geschichte genau zu begreifen und mir dann seinen Schmerz und sein Bedürfnis nach Rache zu eigen zu machen. Dennis ist ein Manipulator. Er setzt verschiedene Masken auf, je nachdem, was er gerade erreichen will. Ich bin viel durch Wuppertaler Wälder gestreift und habe den Text laut gesprochen, um seine Haltung für die einzelnen Szenen zu finden. Die Momente, in denen sein "echter" Kern durchblitzt sind rar – die einzelnen Schichten darüber zu legen, ist für einen Schauspieler sehr interessant. Die wenigsten Mörder kommen als solche auf die Welt. Es sind wie bei Dennis oft Missbrauchserfahrungen in der Kindheit, die später dieses Gewaltpotential auslösen. Man muss die eigene Rolle schon lieben lernen, um sie spielen zu können – und das ist nicht schwer, wenn man sich Dennis‘ Geschichte genauer anschaut.

Für Ihre Rolle mussten Sie sich teilweise äußerlich extrem verändern. Wie haben Sie sich mit der Verwandlung gefühlt? Und wie lang haben Sie dafür in der Maske verbracht?

Das war sehr spannend, da ich bereits Monate vor dem Dreh zu verschiedenen "Ganzkörperabdrücken" mit Gips und Silikon zum SFX – Maskenbildner reisen musste. Beim Drehen haben wir jedes Mal etwa fünf Stunden im Maskenwagen verbracht, bis die Verwandlung vollständig war. Das hieß natürlich meistens: Mitten in der Nacht abgeholt werden und dann bis abends als "Dennis in der Vergangenheit" drehen und dann noch zwei Stunden die fremde Haut wieder abziehen. Wir haben diese Szenen im Frühjahr gedreht und dadurch war es noch wärmer unter dem Silikon als ohnehin schon – eine schwitzige Angelegenheit. Der Anzug wird mit einem sehr starken Kleber auf der Haut befestigt und dann mit Schminke um die Augenpartie verfeinert. Insgesamt wog es um die acht Kilo, also musste ich auch ein gewisses Gewicht den ganzen Tag mit mir tragen. Es war schon eine unglaubliche Erleichterung, wenn das ganze Ding nach zehn Stunden wieder abgenommen wurde. Grundsätzlich hatte ich großen Respekt davor, diese große körperliche Verwandlung zu spielen. Auf keinen Fall wollte ich, dass es klischeehaft wirkt oder als ob ich mich mal kurz verkleidet hätte. Deswegen habe ich mich viel mit der technisch – körperlichen Frage beschäftigt, also wie genau ich mich als junger Dennis bewege und verhalte. In der Gegenwart ist Dennis ein manipulativer Mörder, der einen ganz stringenten Racheplan verfolgt. Aber in der Vergangenheit ist er genau das Gegenteil: Ein missbrauchtes, vernachlässigtes und stummes Opfer seiner Umstände. Erst im Gefängnis begreift er, was ihm angetan wurde und was er selbst getan hat. Genau diese Taubheit habe ich versucht, schauspielerisch umzusetzen. Dennis hat zu dieser Zeit kaum Impulse, denen er nachgehen könnte. Er ist nicht fähig, sich zu verteidigen oder zu argumentieren. Deswegen habe ich mich sozusagen als Spielball für meine Kolleg:innen freigegeben. So ist er, glaube ich, am besten nachzuvollziehen.

Lea van Acken

Ihre Rolle "Josi" in "Zwei Seiten des Abgrunds" steht einige leidvolle Erfahrungen durch. Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet? Und wie viel "Josi" steckt in Ihnen?

Josi zu spielen war sehr spannend für mich, weil wir doch sehr unterschiedlich sind. Durch all das Leid und die Verletzungen hat Josi einen Panzer um ihr Inneres gebaut. Sie macht viel mit sich selbst aus, ich bin da eher das Gegenteil.

Da die Besetzung sehr früh feststand, hatte ich genügend Zeit, um mich vorzubereiten. Ich bin das Drehbuch Satz für Satz durchgegangen und habe an meiner Rollenentwicklung gearbeitet. Warum denkt und agiert Josi so, wie sie es tut. Was hört sie für Musik, was isst sie gerne, was ist ihre schönste Kindheitserinnerung, wie ist ihre Haltung, wie stylt sie sich am liebsten. Und dann hatten wir natürlich noch Leseproben und intensive Spielvorbereitungen mit unserem Regisseur Anno.

Gab es Momente beim Dreh, die Sie besonders in Erinnerung behalten?

Ganz viele tatsächlich: Unseren ersten Drehtag im Moor in Belgien bei minus zehn Grad oder meinen letzten Drehtag, der nicht nur aufgrund der Szene tränenreich war, sondern auch weil ich mich von dem großartigen Team verabschieden musste. Die Szenen im Club, wo wir stundenlang durchgetanzt haben. Die Komparsen waren der Wahnsinn und haben so toll mit gemacht. Und dann vor allem die Drehtage in der Hütte. Ich weiß noch, wie fasziniert ich von Antons und Annes Spielkraft war. Wie wir vier Tage in dieser Hütte wirklich alles rausgelassen haben und Anno uns mit so viel Liebe und Feingefühl dadurch geführt hat. Es war unglaublich anstrengend, aber auch wunderschön.

Seit fast zehn Jahren arbeiten Sie als Schauspielerin, gleichzeitig engagieren Sie sich aktuell sehr für gesellschaftsrelevante Themen. Wie gelingt es Ihnen, beides in Ihrem Alltag zu verbinden?

Ich merke, dass ich abwechslungsreiche Impulse brauche und neben einem Beruf, der sich sehr viel um einen selbst drehen kann, auch an der Welt außerhalb von Film meinen Platz und meine Aufgabe finden möchte – im besten Falle helfen und etwas bewirken kann. Denn ich glaube, dass Konstrukte nur so gut funktionieren, wie der einzelne sich sortiert und seinen Platz zum Friedensstiften findet. Wie groß oder vermeintlich klein dieser auch sein mag. Ich engagiere mich bei der UNHCR, bin Nachhaltigkeitsbotschafterin beim Deutschen Filmpreis und dieses Jahr war ich in der Berlinale Jury für Amnesty International. All diese Tätigkeiten sind mir eine große Ehre und bereichern mein Leben ungemein.

Kristin Derfler / Creator, Autorin und Creative Producerin

Was hat Sie zur Serie inspiriert?

Vor vielen Jahren gab es den traurigen und verstörenden Fall eines 14-jährigen Mädchens, das von einem Teenager mit 24 Messerstichen ermordet wurde. Die beiden hatten sich im Internet kennengelernt und den Abend vorher haben sie noch gemeinsam mit den Eltern zu Abend gegessen. Es gab keine Vorzeichen und auch keine psychologische Erklärung für seine Tat. Das Ganze hat mich zutiefst bewegt, vielleicht, weil ich selbst eine Mutter bin und das Schlimmste, was einem passieren kann, ist ein Kind zu verlieren.

Beim ersten Zusammentreffen 2018 mit meinem Produzenten Bernd von Fehrn haben wir eine Menge Übereinstimmungen hinsichtlich der Herangehensweise an Stoffe entdeckt. Und festgestellt, dass uns die Frage beschäftigt, wie im Kern eine Geschichte beschaffen sein muss, dass sie eine Wunde heilen kann und wie eine Wunde, dass sie eine Geschichte erschaffen kann.  Bei "Zwei Seiten des Abgrunds" geht es – wörtlich - um zwei Seiten: Vergangenheit und Gegenwart eines schrecklichen Verbrechens. Erst im Laufe der Serie entdecken wir Stück für Stück, dass dieses Gewaltverbrechen möglicherweise einen ganz anderen Hintergrund gehabt haben könnte. Denn unter dem Thriller verbirgt sich ein feinstoffliches Drama der drei Hauptfiguren Luise, Dennis und Josi. Mit all ihren widersprüchlichen Interaktionen in der Vergangenheit und ihren unheilvollen Verstrickungen in der Gegenwart, die jede von ihnen eine Art "Schattenexistenz" führen lässt.  Alle drei haben etwas in ihrer Vergangenheit, was sie unter keinen Umständen voreinander preisgeben wollen. Das müssen sie aber, um zu verstehen, wer sie wirklich sind. Von dieser Grundspannung lebt die gesamte Serie. "Am schwärzesten Fluss der Welt, der Wupper, lernt man erkennen, welche Menschen leuchten." Die berühmte Gedichtzeile der gebürtigen Wuppertalerin Else Lasker-Schüler fasst in ihrer prägnanten Schlichtheit alles zusammen, was als eine Art "Leitmotiv" über meinem Schreibtisch hing.

Wie kam es dazu, die Serie in Wuppertal anzusiedeln?

Produzent Bernd von Fehrn und ich wussten schon sehr früh, dass diese Geschichte nicht in einer der üblichen Metropolen, sondern in dem filmisch noch weitgehend unentdeckten Wuppertal verortet sein wird. Der größten Stadt des Bergischen Landes im Westen Deutschlands, die aus mehreren zusammengelegten Dörfern besteht. Ich war und bin fasziniert von der visuellen Strahlkraft und dem morbiden Charme dieser ehemaligen Textilindustriestadt. Von den übereinander geschichteten Häuserfassaden, die sich steil an den Hängen hochziehen und den brachliegenden Fabrikanlagen und Gewerbehallen, Opfer des Strukturwandels. Gleichzeitig befindet sich die Stadt im Wandel. Und natürlich ist Wuppertal weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt für die Schwebebahn, die für unsere Serie visuell und inhaltlich mit stilprägend ist. Es lohnt sich, auf die Suche nach besonderen Schauplätzen zu gehen, wo der Handlungsort nicht nur reine Kulisse darstellt, sondern den Blick auf die jeweiligen Figuren schärft. Wie beispielsweise das Motiv des Recyclinghofs, den ich während meiner Recherchen schon 2018 am Rande von Wuppertal entdeckt habe. Da wusste ich: Hier arbeitet Dennis Opitz, wenn er aus dem Gefängnis entlassen wird.

Bei "Zwei Seiten des Abgrunds" gibt es quasi das umgekehrte Konzept zu dem heute sehr oft genutzten Writers Room: Wir haben eine Autorin und 3 Produktionspartner. Können Sie uns etwas Einblick in Ihren Schreibprozess geben?

Bis heute ist meine Herangehensweise an die Stoffentwicklung von der Überzeugung geprägt, dass ohne ambivalente Figuren auch keine dramatischen Wahrheiten entstehen können. Es geht also (eher) darum, von innen nach außen zu arbeiten, character-driven und mich auf das Unbekannte einzulassen. Wenn ich hier als Autorin zu früh die Geduld verliere und anfange, die Figuren selbstgefällig hin und herzuschieben, nur damit irgendwann meine Geschichte passt, werde ich "on the long run" scheitern. Gleichzeitig muss ich natürlich in der Lage sein, den großen Erzählbogen einer sechsteiligen Thrillerserie inklusive Cliffhanger zu plotten, also in erster Linie strukturiert und rational vorgehen. Im Grunde handelt es sich um zwei unterschiedliche Energien oder Persönlichkeiten, die ich beim Freischaufeln einer Geschichte einsetze. Es gibt die rein "Intuitive", die sich im Unterbewusstsein der Figuren einnistet, um herauszufinden, wie sie wirklich ticken. Und die strenge "Analytikerin", die den Überblick behält und darüber entscheidet, welche Idee es tatsächlich in die Geschichte schafft. Das bedeutet eben auch, die eigene Arbeit selbstkritisch zu begleiten und stets nach der noch besseren Idee Ausschau zu halten. Diese Transparenz im gesamten Stoffentwicklungsprozess war auch meinen Executive Produzent:innen  wichtig. Es gab wirklich keine Frage, die nicht gestellt werden durfte. Für diese Erfahrung bin ich extrem dankbar.

Wie war es, die Serie auch als Creative Producerin zu begleiten?

Als verantwortliche Creative Producerin war ich an sämtlichen kreativen Entscheidungen während der Pre- und Post-Production beteiligt, inklusive der Auswahl von Regie und Cast. Das hat auch später in der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Anno (Saul) prima funktioniert. Ich habe mich schon sehr früh mit unserer Hauptdarstellerin Anne Ratte-Polle getroffen, um über ihre vielschichtig angelegte Figur LUISE BERG zu sprechen und die Leseproben mit dem Hauptcast waren für mich als Creator sehr aufschlussreich und spannend. Während der viermonatigen Dreharbeiten habe ich Regie und Team ihre anspruchsvolle Arbeit machen lassen, habe täglich Muster gesichtet und war während der gesamten Zeit ansprechbar für Regie, Cast und Gewerke. Während der Postproduktion, die insbesondere im Schnitt dramaturgisches Feingefühl erfordert, konnte ich maßgeblich meine Expertise einbringen. Eine Erfahrung, die mich darin bestärkt, dass herausragende Filmprojekte in der Summe das Ergebnis einer erfolgreichen Teamarbeit abbilden.

Anno Saul / Regisseur

Was hat Sie an einem Projekt wie "Zwei Seiten des Abgrunds" gereizt?

Mich haben einige Dinge an dem Projekt gereizt. Zunächst liebe ich Miniserien, weil man allein durch die Breite der Erzählung sehr viel vielschichtiger und tiefer erzählen kann. Dazu hat mich das Genre eines dunklen, psychologischen Thrillers gereizt, besonders in diesem Fall: die Bücher waren von wirklich außergewöhnlicher Qualität. Das liest man nicht alle Tage! Dazu war die Zusammenarbeit mit der Autorin/Createrin, den Produzent:innen und den Sendervertreter:innen dadurch geprägt, etwas sehr Besonderes von erstklassiger (und internationaler) Qualität schaffen zu wollen und alles daran zu messen. Das war einfach eine Freude.

In "Zwei Seiten des Abgrunds" wird die Stadt Wuppertal nahezu auch zu einer weiteren Hauptdarstellerin – wie haben Sie die Stadt gemeinsam mit Kameramann Martin L. Ludwig in Szene gesetzt?

Schon der Präsentation der Serie war ein Zitat von Else-Lasker Schüler vorangestellt: "Am schwärzesten Fluss der Welt, der Wupper, lernt man erkennen, welche Menschen leuchten." Es war also nur folgerichtig, die Stadt wie eine Figur zu behandeln. Dabei haben wir die Schwebebahn, die sich über weite Teile über der Wupper bewegt, als einen Verbindungsfaden zu allen Erzählsträngen genommen, um damit die schicksalhafte Verstrickung der Figuren zu grundieren – Figuren, die in ihren Verletzungen und Geschichten ja zunächst einsam und oft auch alleine gelassen sind und deren Aufeinandertreffen in die Katastrophe führt. Dazu kam, dass sich Wuppertal architektonisch vom tiefsten Punkt aus links und rechts des Flusses an steilen Hängen so gruppiert, dass es quasi hinter jedem Haus, etwas höher weitere Häuser gibt. Der Blick geht also so gut wie nie in den Himmel. Und das in Verbindung mit der über den Menschen fahrenden Schwebebahn und ein paar Autobahnbrücken, die es auch noch gibt, entsteht der Eindruck einer Stadt ohne Himmel. Das wurde der visuelle Grundton. Dazu haben wir eine Art Schraubbewegung einer fliegenden Kamera als weiteres Stilmittel eingesetzt, um die Erschütterung unserer Figuren in ganz bestimmten Situationen visuell erfahrbarer zu machen. Und da die Erosion vermeintlich fester Überzeugungen eh das Grundthema von "Zwei Seiten des Abgrunds" ist, haben wir diese ungewöhnliche Kamerabewegung schon im Indikativ eingesetzt.

Gibt es ein Erlebnis am Set / einen Drehtag, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?  

Kein einzelnes Ereignis. Aber der Dreh als Ganzes. Wir haben im Winter und Frühjahr über vier Monate praktisch jeden Werktag gedreht, zwischendurch von Coronaausfällen, Stürmen und andere Widrigkeiten heimgesucht. Aber sowohl der Cast als auch die Crew haben jeden Tag alles ermöglicht. Im Cast waren sehr erfahrene, wie auch am Beginn ihrer Karriere stehende Kolleg:innen am Start und alle sind immer füreinander eingestanden. Wir sind so lange in die Tiefe gegangen, bis Schmerz, Wut, Wahrhaftigkeit, Verletzlichkeit und Schönheit sichtbar, spürbar und "auf Film" waren. Und jeder in der Crew hat alles dafür getan, dem Cast diesen Raum zu ermöglichen. Und das in einer schönen Arbeitsatmosphäre. Dafür bin ich sehr dankbar.

Statements vom Sender

Anke Greifeneder, Vice President Original Productions Warner Bros. Discovery (Warner TV Sender): "Wir freuen uns sehr, bei ‚Zwei Seiten des Abgrunds‘ erstmals gemeinsam mit RTL und dem Kölner Team der Warner Bros. ITVP zusammenzuarbeiten. Die Story von Kristin Derfler hat mich sofort in den Bann gezogen: schonungslos und atmosphärisch dicht erzählt mit Figuren, die einen nicht loslassen, die fernab von Schwarz und Weiß das Thema Schuld ausloten und dabei auch moralische Tabus brechen. Mit Anno Saul haben wir einen herausragenden Regisseur gefunden, der all diese schicksalhaften Verbindungen als unvorhersehbaren Thriller inszenieren wird."

Hauke Bartel, Leitung Fiction RTL Deutschland: "Wir wollen auf unserem Streamingdienst RTL+ und den linearen Sendern von RTL Deutschland die stärksten fiktionalen Geschichten mit den größten Talenten anbieten. ‚Zwei Seiten des Abgrunds‘ ist so eine Geschichte, die wir erstmals mit Warner TV Serie umsetzen werden. Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit diesem tollen Kreativpartner und darauf, die intensive und packende Thriller-Serie von Kristin Derfler und Anno Saul gemeinsam einem breiten Publikum zugänglich zu machen."

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