Liebe Helga, worum geht es bei "Even Closer – hautnah"?
In 'Even Closer – hautnah' steht eine Gruppe von Musicalstudenten im Mittelpunkt, die auf die große Bühne und nach ganz oben will. Der Traum ist zum Greifen nah, aber da wo Leidenschaft und Emotionen sich in den Vordergrund drängen, steht plötzlich alles auf dem Spiel. 'Even Closer – hautnah' erzählt klassische Young Adult Themen, wie die Suche nach der eigenen Identität und Sexualität, Freundschaft und die ganz große Liebe. Große Tanz- und Gesangsmomente stehen ästhetischen Sexszenen gegenüber.
Was macht "Even Closer – hautnah" zu einem ganz besonderen Projekt?
Für 'Even Closer – hautnah' wollte ich von Beginn an mit expliziten Sexszenen arbeiten. Mir war wichtig, dass es Programm gibt, in dem Nacktheit und Sexualität einen natürlichen, authentischen Umgang erfahren. Von Anfang an war für mich auch klar, dass dieses Vorhaben nur mit 'full-frontal-nudity' funktioniert. Nur so war für mich ein unaufgeregter, zeitgemäßer Umgang mit Nacktheit möglich – ohne Voyeurismus.
Hinzu kommt, dass 'Even Closer – hautnah' eine Serie aus rein weiblicher Perspektive ist. Von Frauen für Frauen. Das Team bestand zu 80 Prozent aus Frauen, vor allem in den Führungspositionen, in denen Frauen ja noch immer häufig vermisst werden.
Was soll "Even Closer – hautnah" vermitteln?
Sex und Sexualität wird häufig entweder verschämt, utopisch, aus rein männlicher Perspektive oder gar nicht gezeigt. Selten hat das etwas mit der Wirklichkeit zu tun – oder mit weiblichen Perspektiven, Sehnsüchten, Wünschen, Träumen. Das ist nicht einfach nur schade für das weibliche Publikum, es ist auch schlichtweg verantwortungslos. Denn damit wird gerade bei jungen Zuschauerinnen ein Bild davon implementiert, wie sie zu sein haben, wie sie aussehen müssen, wie sie sich bewegen sollten. So können sie nur bedingt eine gesunde Sexualität für sich entwickeln. Wo das hinführt, können wir uns auf den einschlägigen Social Media Plattformen jeden Tag anschauen. 'Even Closer – hautnah' bemüht sich, Träume und Sehnsüchte, aber auch Ängste von Frauen ernst zu nehmen. Da gibt’s dann auch mal unsicheren Sex oder unbefriedigenden oder richtig tollen. So wie das Leben eben ist.
Warum ist RTL+ die perfekte Plattform dafür?
RTL+ hat uns von Anfang an dabei unterstützt, mutig zu sein. Die Frage war nie, ob wir irgendetwas dürfen oder nicht, sondern wie wir es umsetzen. Unsere Redakteurin Jean-Young Kwak war da eine ganz besonders wichtige Sparringspartnerin. Es ging uns allen nie darum, des Effekts wegen explizit zu sein, sondern immer um den natürlichen, ehrlichen Umgang mit dem Thema.
Neben Themen wie Erotik und Sexualität spielt auch das Tanzen eine zentrale Rolle – warum passt das so gut zusammen?
Als ich das Thema bei RTL+ vorgestellt habe, war mein erster Satz: 'Tanzen ist wie Sex, nur angezogen.' Jeder, der schon mal getanzt hat (und sei es auf einer Party) weiß, wie schnell wir mit Bewegungen und unserem Körper Emotionen ausdrücken können. Dasselbe passiert beim Sex auch. Die Physis und die Emotion verbinden in beiden Themen Menschen – und da wo Menschen verbunden sind, gibt es auch Geschichten zu erzählen.
Wie kamen Sie überhaupt auf die Idee zu "Even Closer – hautnah"?
Vom Oetinger Verlag wurde mir die E-Book Reihe vor ein paar Jahren vorgestellt. Ich wollte immer schon gerne eine Tanzserie drehen, in der Sinnlichkeit, Erotik, Sex im weitesten Sinne eine Rolle spielen. Als ich die Bücher las, war sofort klar, dass es das ist, wonach ich suchte. Als ich dann die beiden Autorinnen, Tine Körner und Pia Sara, kennenlernen durfte, war das auch ein persönliches Match. Sie hatten genau meine Gedanken verfolgt: aus weiblicher Perspektive, Sehnsüchte und Unsicherheiten in Bezug auf Sexualität zu beschreiben.
Inwiefern unterscheidet sich die Serie von der Buchvorlage?
Unsere Drehbuchautor*innen haben hier ganze Arbeit geleistet. Julia Meimberg, Kristin Schade und Paul Schwarz haben die Welt und die Figuren der Buchvorlage sorgfältig extrahiert, einzelne Plots genommen und dann mit unglaublich viel Liebe eine tolle Staffel gezaubert. Der wesentliche Unterschied besteht in der Länge. Die Bücher hätten eine Staffel mit sechs Folgen nicht ganz getragen, so durften wir ein bisschen erweitern. Aber viele wesentliche Szenen sind geblieben und ich glaube, dass auch Tine Körner und Pia Sara mit dem Ergebnis happy sein werden.
Was waren für Sie persönlich die größten Herausforderungen bei dem Format?
RTL+ hat mich mit einem unglaublichen Urvertrauen ausgestattet und mir zugetraut, dass ich das zusammen mit einem tollen Team hinkriegen werde. Trotzdem war immer klar, dass die größte Herausforderung sein wird, starke Schauspieler*innen zu finden, die tanzen und singen können und bereit sind, sich auch auszuziehen. Und zwar ganz. Ich habe immer daran geglaubt, dass wir dieses Ensemble finden werden, aber ob sich das wirklich alles am Ende so ausgeht, weiß man eben auch erst am Drehtag selbst. Die UFA Talentbase hat hier einen Riesenjob gemacht und nach genau diesen wundervollen sechs Menschen gesucht, die nun der Hauptcast von 'Even Closer – hautnah' geworden sind. Am Ende ist es uns gelungen, alle von unserem Format zu überzeugen und uns zu vertrauen. Raquel Stern, unsere Regisseurin, hat an den richtigen Stellen den Freiraum gelassen und für wunderbare Momente gesorgt.
Was hat die Arbeit an dem Format bei Ihnen verändert?
Das ist eine super Frage! Ich erzähle mal eine kleine Anekdote: Als ich anfing mit meinem Team für das Format zu recherchieren, mussten wir in der UFA erst einmal sehr lange Diskussionen mit der IT führen, wie wir mit unseren Laptops jetzt auch auf explizite Webseiten, zum Beispiel der von Paulita, unserer Intimacy Coordination, zugreifen können. Allein die Anrufe bei der IT mit den Erklärungsversuchen unsererseits – das war bizarr. Aber mit jedem Anruf wurde klarer, dass genau das das Problem ist. Und natürlich kam irgendwann der Zeitpunkt wo ich gemeinsam mit Paulita, Raquel und den Kolleginnen Hannah Riehm (Maske) und Ramona Petersen (Kostüm) mit dem Cast ganz klar über Körperbehaarung, Zyklustermine usw. sprechen musste. Für Folge 4 musste eine Kollegin sich um originale Pornografie-Aufnahmen von einem Paar kümmern. Na klar, ist das nicht üblich – aber ich glaube, dass ich jetzt viel sensibler, respektvoller, aber auch deutlich lockerer mit dem Thema umgehe. Wenn uns bei einem unserer Gespräche doch mal ein Außenstehender zugehört hat, führte das immer wieder zu Verwunderung und auch Lachern. Denn es wird ja auch sehr schnell technisch. Wer fasst wen wo an und wer kann wie einen Orgasmus haben? Ich würde sagen, dazu könnte ich jetzt sehr entspannt Besprechungen führen (lacht).
Wie liefen die Dreharbeiten in Zeiten von Corona ab? Nähe spielt in dem Format ja eine besondere Rolle.
Leider war das unser täglicher Begleiter und wir haben sehr viel Geld und sehr viel Arbeitszeit in dieses Thema stecken müssen. Der Cast musste in Quarantäne und wohnte für die gesamte Drehzeit zusammen ohne Außenkontakte. Innerhalb des Teams gab es verschiedene Cluster und Szenarien für den Ernstfall. Und immer wieder testen, testen, testen, Abstand, Hygiene und Maske. Wir konnten die Produktion ohne einen Positiv-Test beenden, was den Bemühungen und besonderen Anstrengungen des gesamten Teams und vor allem Produktionsleiter Marc Waterkamp gar nicht hoch genug anzurechnen ist.
Bei "Even Closer – hautnah" sehen wir vor allem junge Schauspieler. Was macht sie für ihre Rollen besonders aus?
Diese sechs haben sich gesucht und gefunden. Sie waren von Beginn an ein echtes Match und, soweit ich weiß, sind sie das über die Drehzeit hinaus auch geblieben. Neben dem Talent, das sie alle mitbringen, haben sie von Anfang an eine unfassbare Energie in das Projekt gesteckt. Ein Castmitglied musste tanzen lernen und hat sich da so rein gestürzt, dass es nun nur noch Profis auffällt. Andere mussten Pole Dance lernen – und da bekommt man richtig blaue Flecken. Egal wie lang die Tage waren, egal wie müde sie waren, sie haben immer alles gegeben und einfach abgeliefert. Das ist bei so einem Pensum keine Selbstverständlichkeit und ich hoffe sehr, dass sie auf sich selbst ganz stolz sind, wenn sie das Ergebnis endlich sehen können.
Gab es auch skurrile / lustige Momente am Set?
Na klar, jede Menge sogar. Schon am ersten Drehtag wurden in einer Szene Austern gegessen – bzw. sollten gegessen werden. Die flutschten dann so durchs Restaurant. Als wir in Hamburg am Ufer drehten, stand der Regen waagerecht und alle Berliner wunderten sich, warum sie nur auf einer Seite nass waren. Und beim Dreh auf der Reeperbahn halfen uns Securities, damit wir da unbeschadet durchkamen. Es war ein anstrengender und herausfordernder Dreh, aber wir haben uns die Laune nie verderben lassen.
Wer muss sich zum Ausstrahlungsstart am 14. Februar unbedingt die ersten drei Folgen von "Even Closer – hautnah" anschauen?
Natürlich alle! Aber vor allem alle Frauen. Dies ist Programm von Frauen für Frauen. Programm, das Lust auf mehr macht, das unterhält und das einmalig explizit ist. Also ich würde reinklicken (grinst).