Das Bayerische Rote Kreuz (BRK) lässt mit z.T. unseriösen Methoden Spenden für seine Organisation eintreiben. Das ist das Ergebnis einer Undercover-Reportage des RTL Mittagsjournals "Punkt 12". Sie zeigt, wie externe Dienstleister in Uniformen des Roten Kreuzes Spendengelder sammeln und dabei gezielt Druck ausüben, Ängste schüren und teilweise auch irreführende Angaben machen, um Menschen an ihren Haustüren zu Spendenabonnements zu überreden. RTL sendet die "Punkt 12"-Reportage am Mittwoch, den 17. Januar.
Die "Punkt 12"-Recherchen beginnen, nachdem sich im vergangenen Jahr ein ehemaliger Mitarbeiter des Fundraising-Unternehmens Kober an die Redaktion gewandt und über dreiste Methoden beim Sammeln von Spenden berichtet hatte. So soll ein Teamleiter eine ältere Frau ihrer Haustür offenbar in die Irre geführt haben – am Ende habe sie unterschrieben, das Doppelte von dem zu zahlen, was sie eigentlich wollte.
Nach Hinweisen auch von weiteren Insidern bewirbt sich "Punkt 12"-Reporterin Corinna Sticksel beim Unternehmen Kober, das als externer Dienstleister Spenden für mehrere Landesverbände des Deutschen Roten Kreuzes sammelt. Ihr Einsatzgebiet: München. Die RTL-Reporterin wird bei ihrem Undercover-Einsatz gleich mehrfach Zeugin unlauterer Praktiken: Etwa, als eine Frau an der Haustür darauf verweist, dass ihr Mann vor kurzem gestorben sei und es ihr finanziell sehr schlecht gehe. Trotzdem lässt sich der Spendensammler nicht abwimmeln, sondern baut Druck auf: das Geld sei schließlich "für die Leute, die im Notfall zu Ihnen kommen." Schließlich unterschreibt die Frau doch noch und schließt damit ein Abo-Modell für regelmäßige Spenden ab. Am nächsten Tag beteuert eine Frau mehrfach, dass sie nichts unterschreiben möchte. Der Werber geht nicht nur darüber hinweg, sondern suggeriert der Frau, dass jeder mitmache und das Spendenabonnement so selbstverständlich sei wie der Bankeinzug von Strom- und Mietgebühren. Die RTL-Reporterin erfährt, dass es sogar eine eigene Ausbildung dazu gibt, ein „Nein“ beim Spendensammeln zu ignorieren.
Burkhard Wilke vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen: „Wir halten es für vollkommen unseriös und illegitim, einem einzelnen Bürger an der Haustür zu suggerieren, ihm werde nicht mehr geholfen in einem Notfall, wenn er oder sie nicht beitritt. Das ist ein unseriöses Werberargument, so auf die Spitze getrieben stimmt das auch nicht und ist deshalb nicht legitim aus unserer Sicht.“ Und weiter: "Eine Spendenwerbung ist natürlich letztlich auf das Ziel ausgerichtet, eine Spende zu generieren, aber eine Spendenwerbung einer seriösen Organisation tut das nicht um jeden Preis." Die Firma Kober verweist in einer Stellungnahme gegenüber "Punkt 12" darauf, dass die Androhung von Negativfolgen strengstens untersagt sei: "Insbesondere darf nicht behauptet werden, dass kein Rettungsdienst mehr stattfindet, wenn nicht gespendet wird." Bezahlt werden die Mitarbeiter des Fundraising-Unternehmen Kober nach Erfolg, für möglichst viele erfolgreiche Abschlüsse gibt es Boni. Das BRK unterstreicht in seiner Stellungnahme, die Fördergelder seien kein Teil des öffentlich-rechtlichen Rettungsdienstes, sondern kämen den eigenständigen BRK-Kreisverbänden zugute. Im Übrigen gehe man von der Einhaltung der vereinbarten Qualitätsstandards beim Spendensammeln aus.