Moderator Steffen Hallaschka präsentiert im RTL Spezial am 8. März ab 20:15 Uhr ein Experiment dessen Thema uns alle angeht: die Sicherheit unserer Kinder im Internet. RTL hat drei Schauspieler als angeblich minderjährige Lockvögel mit jugendlicher Erscheinung platziert, die auf scheinbar harmlosen Portalen im Netz unterwegs sind. Innerhalb von nur drei Tagen erhalten diese Lockvögel über 500 übergriffige Chat-Anfragen, sind massiven Manipulationsversuchen erwachsener Männer ausgeliefert und sehen sich schließlich konfrontiert mit der unmittelbaren Gefahr des sexuellen Missbrauchs. Im RTL-Interview spricht Steffen Hallaschka über die Masche der Täter, Ziele des Experiments und seine Betroffenheit angesichts der Erkenntnisse.
Steffen Hallaschka im Interview:
Welches Ziel verfolgt das TV-Experiment?
„Wir wollen ein Bewusstsein dafür schaffen, wie groß die Gefahren für Kinder im Internet sind. Selbst auf vermeintlich harmlosen Web-Angeboten sind wir auf Täter gestoßen. Es war absolut erschreckend, wie zahlreich die Übergriffe im Chat waren und wie zielstrebig die Täter dabei vorgegangen sind. Viele der Männer haben keinen Zweifel daran gelassen, dass ihre sexuellen Übergriffe im Netz häufig auch eine Fortsetzung im realen Leben finden.
Dass die Polizei in einigen der dokumentierten Fälle bereits konkret ermittelt, ist ein wertvolles Ergebnis bereits vor der TV-Ausstrahlung. Uns geht es aber vor allem darum, vor dieser völlig unterschätzten Gefahr zu warnen und Politik und Website-Betreiber in die Pflicht zu nehmen. Es kann nicht sein, dass es den Tätern derart leicht gemacht wird.“
Drei erwachsene Schauspieler*innen sind im Experiment online bei diversen Portalen unterwegs und geben sich als 12-Jährige aus. Obwohl sie sich vollkommen unauffällig verhalten, werden sie in kürzester Zeit gezielt von erwachsenen Männern kontaktiert. Wie überrascht waren Sie davon?
„Aber ich war schockiert darüber, wie massiv und zielstrebig die sexuellen Übergriffe stattfinden und dass die Täter auch auf so vielen unterschiedlichen Webseiten mit gleicher Absicht unterwegs sind. In unserem dreitägigen Experiment kam es zu über 500 Angriffen. Und wir dokumentieren, wie schamlos, zielstrebig und manipulativ die Täter vorgehen. Auch wenn man als Journalist zwangsläufig lernt, sich von Emotionen nicht überwältigen zu lassen: Dieses Experiment hat bei mir wirklich Beklemmungen ausgelöst. Umso wichtiger ist es, dass wir das sensibel, aber ungeschönt berichten. Die Tatsache, dass die Dimension dieser Taten bislang nicht ausreichend öffentlich diskutiert wird, hilft den Tätern, die jeden Tag im Verborgenen aktiv sind.“
Konnte das TV-Experiment eine bestimmte Masche offenlegen?
„Ja, wir zeigen, wie manipulativ die Täter vorgehen. Wie sie das Vertrauen der Kinder erschleichen und sie gleichzeitig in eine Art Schweigepflicht nehmen. Sie üben sehr schnell subtilen Druck aus, um so z.B. an Nacktfotos der Kinder zu kommen. Und es ist interessant und erschreckend gleichermaßen, wie schnell viele Täter dafür die Kommunikation von den Webforen umlenken wollen, um z.B. über WhatsApp direkt zu kommunizieren. Das war für auch für die erwachsenen Schauspieler in unserem Experiment spürbar belastend. Immer wieder mussten sie sich Videotelefonaten aussetzen, in denen die Täter sich entblößten oder sogar vor der Handykamera masturbierten.“
Die Männer machen den Kindern eindeutig sexuelle Angebote und sind offenbar wenig besorgt, strafrechtliche Konsequenzen zu erfahren. Wie kann das sein?
„Es gibt ganz offensichtlich keinen ausreichenden Fahndungsdruck auf die Täter. Die Website-Betreiber sind entweder überfordert damit, diesen Missbrauch ihrer Angebote zu überwachen und anzuzeigen. Oder sie haben kein ernsthaftes Interesse daran. Und die Polizei hat hier wenig Zugriffsmöglichkeiten. Aus der kriminalpsychologischen Arbeit mit den Tätern wissen wir, dass sie sich wohl bewusst sind, wie viele von ihnen gleichzeitig im Netz unterwegs sind. Und diese Tatsache gibt ihnen zusätzlich Sicherheit.“
Angesichts der Ergebnisse des Experiments, wie sicher kann das Surfen für Minderjährige im Internet überhaupt sein und welche Möglichkeiten haben Eltern, ihre Kinder zu schützen?
„Ich bin sicher, dass die politischen und die technischen Möglichkeiten längst nicht ausgeschöpft sind, um Internetnutzung für Kinder sicherer zu machen. Aber natürlich ist es ebenso wichtig, dass sich Eltern damit vertraut machen, welche Angebote ihre Kinder im Netz nutzen und welche Gefahren dort lauern. Da wird unser Experiment sicherlich für die längst überfällige Aufklärung sorgen.
Sobald Kinder auch selbstständig das Netz erobern, sollten Eltern offen mit ihnen über die realen Gefahren sprechen und feste Regeln für die Internetnutzung vereinbaren. Und ganz wichtig: Sie sollten ihren Kindern Mut machen, bei entsprechenden Erlebnissen im Netz sofort Bescheid zu geben und unbedingt auf Vorwürfe und einschüchternde Strafpredigten verzichten.“
Wie besorgt macht Sie diese Entwicklung als Vater?
„Meine Kinder wachsen ganz selbstverständlich als „digital natives“ auf. Und ich finde es wichtig, dass sie den sinnvollen Umgang mit Tablets, Computern und Internetangeboten lernen. Umso mehr hat mich unser Experiment auch ganz persönlich alarmiert. Ich werde noch mehr als bisher ein Auge darauf haben, was meine Kinder im Netz unternehmen und sie frühzeitig für die Gefahren im Internet sensibilisieren.“
Welche Erkenntnisse nehmen Sie für sich aus dem TV-Experiment mit?
„Es ist vor allem die traurige Erkenntnis, dass sich offenbar jedwede Form von Kriminalität ins Netz ausgebreitet hat, und dass wir alle online gar nicht wachsam genug sein können. Auf der anderen Seite steht die ermutigende Erkenntnis, dass wir mit unserer Recherche sowohl bei der Aufklärung von Straftaten, als auch bei der Prävention wirksam helfen können. Ich bin voller Hoffnung, dass dieser ungewöhnliche Fernsehabend bei RTL wirklich etwas zum Besseren verändern wird.“